Was es mit der Scham auf sich hat
Die sozialen Medien tragen viel zu unserer Kultur des ständigen Vergleichens, des subjektiv empfundenen Mangels und der Scham bei. Auch, wenn es uns gut geht und wir zufrieden sind – stets werden wir mit Menschen konfrontiert, die es angeblich noch besser haben und ihre Abenteuer und Erfolge bereitwillig auf Instagram, Facebook und Co teilen. Das Verlangen, immer mehr zu haben, zu erleben und immer besser zu sein, ist unbegrenzt, und so ist es auch unser Gefühl des nicht Erreichens und Nicht-Genug-Habens.
Menschen, die dem keine Grenzen setzten und viel Scham verspüren, können sich nicht in der Lage sehen, ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen und kapseln sich eventuell sogar ganz ab, statt realistischere Ziele zu stecken und sich so zu akzeptieren, wie sie sind. Als Folge dessen kann unser Selbstwertgefühl sinken.
Scham und Selbstwertgefühl

Wenn wir uns schämen, kommen schnell Selbstzweifel auf. Scham ist zwar menschlich, aber nicht gut für uns, sie drückt aus, dass unsere menschlichen Grundbedürfnisse nicht befriedigt sind. Schamgefühle entstehen in einem sozialen Zusammenhang. Sie stehen in Verbindung zu unserer Beziehung zu Anderen:
Wir schämen uns dann, wenn wir dem Bild, welches wir anderen Menschen gegenüber verkörpern wollen, nicht gerecht werden und wir empfinden, dass wir das, was wir von anderen Menschen erwarten, nicht verdienen.
Schamgefühle sind eng mit unserem Selbstwert verbunden – sie sind negativ und destruktiv und bringen uns meist im Leben nicht weiter.
Scham, Angst vor Ablehnung und Kritik können sehr hinderlich sein und uns von vielen Dingen abhalten.
Verletzlichkeit ist etwas Positives
Scham, Angst vor Ablehnung und Kritik können sehr hinderlich sein und uns von vielen Dingen abhalten. Sich im fortgeschrittenen Altern selbständig machen? Einer Theatergruppe anschließen? Unseren eigenen Geschmack zu finden und diesen auch tatsächlich zu leben?
All dies sind Dinge, die viele Menschen aus Angst und Scham heraus nicht tun, auch wenn sie es noch so gerne würden. Wer die Scham hingegen überwindet und Verletzlichkeit zeigt, kann seine Potenziale entwickeln.
Viele Menschen vergessen, dass Gefühle etwas Positives sind und sie uns Menschen ausmachen. Wer Verletzlichkeit zeigt und sich so gibt, wie er ist, öffnet sich. Er riskiert etwas, zeigt aber auch Mut und ist in der Lage, ganz neue Dinge zu erleben, sich auf neue Beziehungen einzulassen und sich selbst zu verwirklichen.
Wenn du positive Gefühle erleben möchtest oder deine zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern willst, solltest du dich öffnen – auch wenn du dabei womöglich ein Risiko eingehst. Du stehst zu deinen „Schwächen“ und kannst an dir arbeiten und wachsen. Wer Verletzlichkeit wagt, teilt seine Gefühle und Meinungen und kann authentisch sein – eine wichtige Eigenschaft, um sich mit anderen Menschen zu verbinden.
Verletzlichkeit und Akzeptanz als Schlüssel zu mehr Selbstwert
Der Scham treten wir am besten entgegen, indem wir sie direkt konfrontieren. Wenn wir offen zu unseren Defiziten stehen und anderen Menschen die Möglichkeit entziehen, uns hierfür wahllos zu kritisieren, werden wir Herr über unsere eigenen Schamgefühle.
Das Streben nach Verbesserung und Erfolg an sich ist nichts Negatives – unser extremer Perfektionismus, der uns unter Druck setzt jedoch schon. Akzeptieren wir uns, wie wir sind, passen wir unsere Ziele an unsere Realität und unsere Persönlichkeit an. Zeigen wir uns authentisch und verletzlich anstatt irrealen Vorbildern hinterher zu eifern oder uns völlig abzuschotten – so wird uns Kritik von außen automatisch weniger hart treffen und kann sogar als positiv und inspirierend erlebt werden.
Buchempfehlung: Brenè Brown – Verletzlichkeit macht stark.